Dieses Mal zog es uns bei schönem Wetter wiedermal in Richtung Donautal. Möchte man nur eine kleine Runde wandern bietet sich direkt oberhalb des Fridinger Skigebiets „Antoni“ eine Anhöhe zu „erklimmen“ an. Der Aufstieg ist für Ungeübte schon anstrengend, aber auf jeden Fall machbar. Bei schönem Wetter lädt der Laibfels sowie Stiegelesfels mit einem tollen Panoramablick ein. Hat man den Aufstieg geschafft, gibt es die Möglichkeit sich auf diversen Sitzgelegenheiten zu entspannen und wer möchte kann auch noch die Mattheisen Kapelle besichtigen. Während ich die Fotos geschossen habe, fragte ich mich wieviel der Bau dieser großen Kapelle gekostet hat und wie die ganzen Baumaterialien hier hoch gebracht wurden?!
Recherchiert man nach dieser Kapelle stößt man auf den Fridinger Heimatkreis, welcher auf seiner Seite viele Informationen über die Kapelle und Ihren Erbauer liefert. Diese Informationen bzw. Geschichte wollte ich euch nicht vorenthalten:
Matthias Epple 1909 – 1940
Matthias Epple trat im September 1907 als Bruderkandidat in die Benediktiner-Erzabtei im benachbarten Beuron ein und erhielt dort den Klosternamen Bruder Gallus. Er verließ die Mönchsgemeinschaft aber schon nach zwei Monaten wieder. Anschließend arbeitete er in einer Kiesgrube bei Krauchenwies, bis seine Verwandten ihn nach zirka einem halben Jahr wieder nach Fridingen zurückholten.
An Ostern 1909 bezog er die St. Annenklause und lebte dort fast 32 Jahre lang, also genau so lang wie der erste Einsiedler Michael Dießle. Matthias Epple verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Ortswegewart, zusätzlich verdiente er sich noch ein paar Mark als Taglöhner im Bauhof der Stadt, anfangs hielt er sich auch noch Ziegen. In seiner freien Zeit fertigte er Rosenkränze und allerlei Heiligenbilder. Wie schon seine Vorgänger hielt er in der Annakapelle Rosenkranzandachten und Betstunden ab. Ältere Fridinger erinnern sich noch sehr gern an die Adventszeit und erzählen, wie schön und feierlich es gewesen sei, wenn der „Kapella Mattheis“, wie er in Fridingen genannt wurde, sein Grammophon in die Kapelle stellte und Weihnachtslieder erklingen ließ.
Im Jahr 1914 musste er in den Ersten Weltkrieg ziehen, geriet bei Odessa in Kriegsgefangenschaft und kehrte erst 1919, als einer der letzten der ausmarschierten Fridinger, aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Schon vor dem Ersten Weltkrieg hatte er oben auf dem Kirchberg ein Bildstöckchen für die Mutter Gottes errichtet. Als er dann die Hölle des Weltkrieges kennen lernen musste, gelobte er, wenn er je diesen grauenhaften Wahnsinn überleben werde und an Leib und Seele heil nach Hause zurückkehren könne, dann baue er auf dem Kirchberg eine Kapelle zu Ehren der hl. Dreifaltigkeit.
Dieses Gelübde erfüllte er bald nach seiner glücklichen Rückkehr in die Heimat. Die Kapelle erbaute er dort, wo nach einer uralten Legende früher das erste Kloster Beuron gestanden haben soll. Das Baumaterial und das Wasser trug er auf dem Rücken zu seiner Baustelle auf dem Berg, einen Teil der Steine holte er von der nahe gelegenen Ruine “Burgstall”. Die Kapelle wurde im September 1922 von Stadtpfarrer Rueß geweiht und wird vom Volksmund in liebevoller Erinnerung “´s Mattheisa-Käppeli” genannt.
Es wird in Fridingen erzählt, weil um 1920 die Wohnungsnot in Fridingen sehr groß gewesen sei, hatte er damals große Angst, dass jemand durch das Wohnungsamt in die Einsiedelei einquartiert werden könnte, und ihm seine geliebte Einsamkeit zerstören würde. Dagegen wollte er vorbeugen und deshalb baute er an die Dreifaltigkeitskapelle auf dem Kirchberg noch eine Einsiedelei an. Diese war aber so winzig klein, dass hier garantiert niemand einquartiert werden konnte.
Die Einsiedelei bestand nur aus drei Räumen. Ein winziger Vorraum mit Küche, ein ganz kleiner Wohnraum, in welchem gerade ein Tisch und eine Bank Platz hatten, und dahinter ein Schlafraum. Dieser war so gebaut, dass nur ein Bettgestell darin aufgestellt werden konnte. Wer aber darin schlafen wollte, musste vom Fußende her über die Bettlade klettern, um in das Bett zu kommen. Wenn man den Alten glauben darf, hat Matthias Epple aber nur einmal auf dem Kirchberg übernachtet. Er soll dann solche Angst bekommen haben, dass er fortan wieder in der Klause der St. Annakapelle lebte, in der übrigens gar keine Einquartierung vorgenommen wurde.
Das ganze Gebäude auf dem Kirchberg zierte er mit Gebets- und Spruchtafeln. Den kleinen Kultraum der Kapelle schmückte das Altarbild der hl. Dreifaltigkeit, das der Beuroner Künstlermönch Pater Othmar Merkle, ein guter Freund des Einsiedlers, schnitzte. Von ihm stammt auch das unvollendete Relief der hl. Anna-Selbdritt im Vorraum. Im Kultraum befinden sich außerdem Darstellungen des hl. Benedikt und des hl. Josef, zwei Frühwerke des bekannten Kirchenmalers Alfons Epple aus Fridingen, ein Neffe des Einsiedlers Matthias Epple.
Nach einer schwierigen Darmoperation im Sommer 1939 verstarb Matthias Epple in den Wirren des Zweiten Weltkrieges am 14. Januar 1940 im Alter von 66 Jahren unter den Augen der “hl. Anna-Selbdritt” in der Einsiedelei der St. Annakapelle. Er wurde in der Annakapelle aufgebahrt und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung am 17. Januar 1940, am Fest des hl. Antonius, der als Vater der Einsiedler hoch verehrt wird, von Stadtpfarrer Alfons Epple auf dem Fridinger Friedhof beerdigt.
Es kam kein Nachfolger mehr in die Einsiedelei, sie ist bis heute verwaist geblieben. Matthias Epple war nicht nur der letzte Einsiedler in der fast 200jährigen Tradition der Fridinger Annenklause, sondern auch der letzte Eremit der Diözese Rottenburg Stuttgart insgesamt.
An ihn erinnert auch heute noch vieles. Besonders die vielen Feldkreuze und Bildstöckchen, die er auf der ganzen Markung aufstellte, und die Spruchtafeln aus seiner Hand, die er an Bäumen und Felsen anbrachte, um seine Mitmenschen zu einer Rast und einem kurzen Gebet einzuladen.
Link zum Heimatkreis: http://www.heimatkreis-fridingen.de/,
Könntet ihr euch vorstellen in solch einer Einsiedelei zu wohnen? Wenn ja, auch 32 Jahre lang ? 😉
Sehr detailliert recherchiert, interessant erzählt und wie immer wunderschöne Fotos dazu 🤗. Gerne mehr davon! Manchmal wäre eine Einsiedelei gar nicht so übel und mir ab und an willkommen. Vielleicht wenn ich mal ein altes Weibli bin und meine restlichen Tage und Stunden im Kräutergarten auf einem Bänkle verbringen kann…..
Vielen Dank für das Lob! Ich versuche immer interessante Orte zu finden, aber manchmal kommen halt eben nur Makro’s dabei raus 😉
Ich habe gelesen, dass Irmlinde Schauri 2016 und momentan Otto Stahl die Klausel als Eremiten bwohnten/bewohnen.
Danke für deinen Beitrag 🙂