Viele junge Leute können es nicht glauben dass wir früher unsere eigene Eisenbahnlinie auf dem Heuberg hatten. Da ich die ehemalige Strecke öfters (unbewusst) mit dem MTB fahre, habe ich kürzlich an den Tafeln beim Autunnel angehalten und mir die Texte auf den Infotafeln durchgelesen. Ein paar Tage später bin ich dann mit dem Rad und der DSLR los um noch ein paar Bilder für die Nachwelt festzuhalten. Die Informationen in diesem Artikel sind von Wikipedia sowie den Infotafeln beim Autunnel.
(M)eine kurze Zusammenfassung:
Planungen für eine Eisenbahn auf dem Heuberg (1889-1912)
Der Obernheimer Bürgermeister Mauthe hatte bereits 1889 in einer Oberamtsversammlung den Bau einer Eisenbahn auf den Heuberg gefordert. Dieser Bau sollte zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem Heuberg führen. Wichtig zu wissen ist, dass die Postkutsche von Aldingen über Gosheim, Wehingen, Reichenbach, Nusplingen bis nach Ebingen einen ganzen Tag gebraucht hat. (Für die 44km brauchen wir heute mit dem Auto knapp 50 min!!!!) Auch ich weiß noch von Erzählungen von meiner Oma, als sie von Böttingen nach Spaichingen (oder umgekehrt) gehen mussten, weit über 2 Stunden Fußmarsch gebraucht haben. Stellt man sich vor das die Arbeiter aus dem Primtal wohl täglich mit 3-4 Stunden wandern beschäftigt waren und dann auch noch 8 – 10 Stunden arbeiten sollten, wird einem schnell klar dass das nicht funktionieren konnte.
Im Jahr 1900 gründete sich eine provisorische Bahnkommission „zur Betreibung einer Eisenbahn über den Heuberg“ Diese Kommission bestand aus den Schultheißen der beteiligten Heubergbahnen sowie dem Schultheiß von Spaichingen und dem Landtagsabgeordneten Josef Schumacher (ebenfalls aus Spaichingen).
Nachdem am 07. Jan. 1906 der Württembergische Landtag dem Staatsministerium den Bau zwar empfohlen hat, die Ausführung durch den Staat aber noch mindestens zehn Jahre auf sich warten lassen würde, konnte das Komitee im September 1906 die WEG (Württembergische Eisenbahngesellschaft) für den Bau gewinnen. Allerdings nur unter zusätzlichen Bedingungen:
– Alle beteiligten Gemeinden stellen den benötigten Grund + Boden kostenfrei zur Verfügung und übernehmen alle anfallenden Kosten.
– Die Gemeinden leisten einen Barbetrag von 450.000 Mark, 300.000 Mark fällig bei Baubeginn, den Rest bei der Betriebseröffnung. (Das wären heute ca. 2.21 Mio. €!!)
-Die Gemeinden beantragen einen Staatsbeitrag von 1.000.000 Mark und übertragen alle Rechte und Pflichten der Baufirma.
Am 01. Mrz. 1907 entschloss sich das Land Württemberg den Bau dieser Nebenbahn zu verfolgen und zur Ausführung bringen zu wollen.
Im Jahre 1911 beschloss nun der Landtag den Bau der Heubergbahn als Vollspurbahn. Nun mussten die beteiligten finanzschwachen Gemeinden zusätzlich zu den Schuldaufnahmen noch weitere Geldmittel „erschließen“. Durch zusätzliche Holzeinschläge, Verkäufe von Staatsobligationen und die Aufnahme von Hypotheken sicherten sie das Vorhaben ab. Zu dieser Zeit veranschlagte man Gesamtkosten i.d.H.v. 930.000 Mark, was umgerechnet 4.427.000 € Eure entsprochen hätte.
Baubeginn, 1.WK, Inflation und Inbetriebnahme (1913-1928)
Nachdem 1912 alle Vorbereitungen zum Bau der Bahn abgeschlossen waren, erfolgte am 30. Jan. 1913 der erste Spatenstich. Die Planungen sahen Gesamtkosten in Höhe von 3.60 Mio. Mark vor.
Da die Arbeitskräfte aus den ansässigen Dörfern bei Weitem nicht ausreichten, wurden Arbeiter aus Bayern und Italien angeheuert. Die damalige Zeitachse sah einen Abschluss der Bauarbeiten bis Anfang 1915 vor. Aufgrund von Problemen, insbesondere beim Bau des Albaufstiegs zwischen Denkingen und Gosheim konnte einerseits der Bautermin und andererseits das Budget nicht eingehalten werden. Aus diesem Grund wird dieser Teil der Bahn im Volksmund auch „Millionenloch“ genannt. Aufgrund des 1. Weltkrieges wurde der Bau in 1916 eingestellt und erst wieder ab 1919 aufgenommen, allerdings im April 1920 erneut (durch die frisch gegründete „Deutsche Reichsbahn“) eingestellt. Durch den Einsatz der Stadt Spaichingen konnten die Bauarbeiten an der zu 80% fertigen Bahnstrecke wieder ab 1926 aufgenommen werden. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage wurde die Bahn vorläufig nur bis Reichenbach statt bis Nusplingen gebaut. Am 25. Mai 1928 wurde die Bahn dann bis Reichenbach eröffnet.
Kriegsende und Niedergang (1945-1966)
Mit Kriegsende musste die Bahn ihren Betrieb vorläufig einstellen, konnte aber ab 1946 durch die Genehmigung der franz. Militärregierung den Betrieb dann wieder aufnehmen. Die deutsche Bundesbahn (Rechtsnachfolgerin der Reichsbahn) begann nun in den 1950ern damit die einzelnen Bahnstrecken auf ihre Renatibiltät zu überprüfen. Im März 1964 legte die Bundesbahn ihre Pläne zur Stilllegung der Bahnstrecke vor, 1966 wurde sie dann endgültig stillgelegt.
Soviel zu Geschichte der alten Bahnlinie von mir, wer noch mehr Informationen möchte (z.B. über Bahnhöfe usw.), kann gerne auf Wikipedia weiterlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Heubergbahn
Kommen wir nun zu den Bauwerken der ehemaligen Bahn, die wir auch noch heute bestaunen können und ich bei meiner Radtour für euch abgelichtet habe 🙂
1. Das Schweinebrunnen-Viadukt überbrückt mit drei Betonbögen über 52m die Schweinebrunnen-Rinne
2. Das Setze-Viadukt war 150m lang und überbrückte das Setzebachtal. Eigentlich sollte ein Damm aufgeschüttet werden, aufgrund von mehreren Rutschungen beschloss man allerdings den Bau des Viaduktes mit 6 Öffnungen und eisernen Überbauten. Hier habe ich kein Foto geschossen, es stehen nur noch ein paar Betonpfeiler mitten im Wald und die Vegetation war einfach zu dicht!
3. Wettbachtal-Viadukt von Oben (Das Millionenloch 🙂 )
Wettbachtal-Viadukt von der Seite
Wettbachtal-Viadukt vom Autunnel aus gesehen
Mit einer ursprünglich vorgesehenen Gesamtlänge von 140 Metern und acht gewölbten Öffnungen in Betonbauweise mit anschließendem Damm sollte das Wettbachtal überwunden werden. Die Lage des Viaduktes am Steilabhang mit äußerst schwierigen Bodenverhältnissen im Übergang der Gesteinsschichten von Weißem zu Braunem Jura führte schon während der Bauphase 1914 zu wiederholten Rutschungen. Daher wurde entschieden, auf den Damm zu verzichten und den Viadukt mittels sieben Eisenbrücken und sechs, bis zu 20 Meter tief gegründeten Betonpfeilern um 160 Meter auf eine Gesamtlänge von 300 Meter zu verlängern. Die Betonpfeiler wurden bereits 1915 fertiggestellt, die Eisenbrücken wurden erst nach Wiederaufnahme der Bauarbeiten ab 1919 aufgesetzt. Um Kosten einzusparen, wurden gebrauchte Brückenteile, die beim Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs entbehrlich wurden, im Wettbachtal verbaut.
Ich bin mir sicher dass der Eine oder Andere die im Wald stehenden Bauten nun anders wahrnimmt 😉
Das ganze Album gibt es hier: ehem. Heubergbahn
Kennt ihr noch weiter geschichtsträchtige Orte in unserer Umgebung?
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